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Unterschiedliche Untersuchungen deuten immer wieder darauf hin, dass SchülerInnen mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf Lernen (SPF-L) geringere Kompetenzen aufweisen als ihre KlassenkameradInnen ohne einen entsprechenden Förderbedarf. Diese Befunde sind ganz im Sinne der unterschiedlichen Definitionssätze, die annehmen, dass ein sonderpädagogischer Förderbedarf Lernen dann vorliegt, wenn die SchülerInnen in mehreren Unterrichtsfächern um zwei bis drei Jahre zurückliegen (Grünke & Grosche, 2014).
Das Ziel der vorliegenden Studie ist es, die längsschnittliche Entwicklung der mathematischen Kompetenz von SchülerInnen, die eine Diagnose SPF L erhalten haben, vom Kindergarten bis zum Ende der Grundschulzeit zu untersuchen. Aufgrund mangelnder Lernvoraussetzungen und ungünstigen familiären Bedingungen werden diese Kinder vermutlich bereits zu einem frühen Zeitpunkt über Wissenslücken und geringere Vorläuferfertigkeiten verfügen. Ausgehend von der Annahme, dass die SchülerInnen mit SPF-L insgesamt langsamer lernen, über eine kleinere Wissensbasis verfügen und mehr Wiederholungen brauchen, um neues Wissen zu erwerben, wird zunächst vermutet, dass diese SchülerInnen einen geringeren Kompetenzzuwachs erreichen als ihre AltersgenossInnen. Jedoch gibt es empirische Hinweise, dass die Kompetenzentwicklung von SchülerInnen mit und ohne SPF am Ende der Grundschulzeit nahezu parallel verläuft (Dumont, Stäbler, Henke & Maaz, 2015).
Für die Analysen werden Daten der Startkohorte 2 (Kindergarten) des Nationalen Bildungspanels (NEPS; Blossfeld, Roßbach & von Maurice, 2011) genutzt. Insgesamt nahmen 9337 Kinder an den Erhebungen teil. Hiervon erhielten 224 SchülerInnen eine Diagnose SPF L. Für die Domäne Mathematik liegen insgesamt vier Messzeitpunkte vor (5 bis 6-Jährige im Kindergarten, 1., 2. und 4. Klasse). Nach der Prüfung der Messäquivalenz zwischen den Stichproben (SchülerInnen mit und ohne SPF-L; Kocaj et al., 2016; Südkamp, Pohl & Weinert, 2015) werden unter Berücksichtigung der genesteten Datenstruktur latente Wachstumsmodelle zur Untersuchung der Kompetenzentwicklung spezifiziert. Die Intercepts zwischen beiden Gruppen unterscheiden sich signifikant, während für den Kompetenzzuwachs geringe Effekte zu finden sind.