Speaker
Description
Der Begriff Prosodie oder suprasegmentale Phonologie beschreibt den Rhythmus und die Melodie gesprochener Sprache (Speer & Ito, 2009). In der Literatur werden verschiedene prosodische Komponenten der Sprache wie z. B. Betonung, Intonation und die relative Dauer von Lauten und Silben in der gesprochenen Sprache genannt (Harrison & Wood, 2016). Die „Feinfühligkeit“ für diese prosodischen Eigenschaften wird als prosodische Sensitivität (PS) bezeichnet und als wichtige Vorläuferfähigkeit des Lesens angesehen (Thomson & Jarmulowicz, 2016). Zahlreiche Studien zeigen einen alleinigen Einfluss der PS auf das Lesen über die phonologische Bewusstheit (PA) hinaus (z.B. Wade-Woolley, 2016).
Auch in der Musik müssen prosodische Komponenten verarbeitet werden. Obergfell et al. (in prep) vergleichen die PS von Musikern und Nicht-Musikern. Die Ergebnisse zeigen eine signifikant bessere Leistung der Musiker hinsichtlich PS, PA und Lesen sowie einen alleinigen Einfluss der PS auf das Lesen, nachdem Alter, Benennungsgeschwindigkeit und PA kontrolliert wurden.
Viele Studien, die den Einfluss prosodischer Fähigkeiten auf das Lesen untersuchen, nutzen den Begriff Prosodie zu allgemein. Bisher existieren kaum Studien, die die einzelnen suprasegmentalen Komponenten und ihre Beziehungen zum Lesen getrennt erfassen. Ergebnisse aus dem englischsprachigen Raum liefern Hinweise auf unkorrelierte suprasegmentale Komponenten, die unterschiedliche Beziehungen zur Leseentwicklung aufzeigen (Holliman, 2016).
Im Rahmen der Dissertation soll in einem ersten Projekt der Einfluss der PS, möglichst differenziert nach den einzelnen prosodischen Komponenten, auf die Lesekompetenz von deutschsprachigen Erwachsenen untersucht werden. Zusätzlich soll erfasst werden, welche Rollen die einzelnen basalen auditiven Fähigkeiten (musikalische Pendants) in Bezug auf die prosodischen Komponenten und das Lesen spielen.