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Bereits Grundschulkinder erleben alltäglichen Stress (z. B. Beisenkamp, Müthing, Hallmann & Klöckner, 2012). Inwieweit Anforderungen im Alltag zu Stress führen, ist entscheidend von den Bewältigungskompetenzen der Kinder abhängig. Eine Risikogruppe für die Entwicklung eines ungünstigen Stressverarbeitungsstils stellen möglicherweise Kinder mit eingeschränkten Lernvoraussetzungen dar. Befunde für das Jugendalter (z. B. Firth, Greaves & Frydenberg, 2010) legen nahe, dass Jugendliche mit Lernstörungen zur Bewältigung alltäglicher Stresssituationen häufiger Strategien verfolgen, die eine Abkehr vom Stressor beinhalten. Erste Befunde (Beck & Tröster, 2017) bei Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF) im Bereich Lernen deuten darauf hin, dass betroffene Kinder bereits im Grundschulalter eine höhere Stressvulnerabilität berichten und in Anforderungssituationen häufiger zu indirekten, passiven Bewältigungsformen neigen als Kinder ohne Förderbedarf.
Ziel der vorliegenden Studie ist es, weitere Erkenntnisse über die Stressverarbeitung von Kindern mit SPF im Bereich Lernen in der Primarstufe zu gewinnen. Dazu wurde die Stressverarbeitung in schulischen und sozialen Anforderungssituationen bei 65 Kindern mit SPF im Bereich Lernen sowie 136 Kindern ohne Förderbedarf anhand des Stressverarbeitungsbogens für Kinder und Jugendliche (SVF-KJ; Hampel et al., 2016) differenzierter untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass Kinder mit SPF häufiger selbstbezogene sowie ungünstige Bewältigungsmaßnahmen verfolgen als Kinder ohne SPF: Sie berichten häufiger über Ablenkung und Bagatellisierung zur Emotionsregulation und geben öfter eine passive Vermeidung, resignative Gedanken sowie aggressive Bewältigungsformen an. Die Befunde legen eindeutig ungünstige Bewältigungstendenzen bei Kindern mit SPF im Bereich Lernen nahe und weisen darauf hin, dass Maßnahmen zur Förderung der Stressverarbeitung frühzeitig implementiert werden sollten.