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Description
Die Bestimmung des Behinderungsbegriffs sowie die Integration des Phänomenbereichs Behinderung in die empirische Sozialforschung stellen in jedem Forschungsprojekt eine Herausforderung dar. Wenn nicht sowohl Phänomen als auch spezifische Erhebungserfordernisse ignoriert werden, sind vielfach explizite Definitionen notwendig. Insbesondere in der quantitativen empirischen Sozialforschung wird sich meist der vermeintlich eindeutigen gesetzlichen Kategorien von anerkannter Schwerbehinderung oder sonderpädagogischem Förderbedarf bedient, anstatt die vorhandenen theoretischen Begriffsarbeiten aufzugreifen. Damit wird das Problem sozialer Konstruktion von Behinderung aber reproduziert und nennenswerte Over- und Undercoverage in Kauf genommen. Ebenfalls kritisch ist, dass dabei das Kontinuum von Behinderungsphänomenen ausgeblendet wird. Außerdem kann die Erhebung nicht auf ähnliche Problemlagen oder Dimensionen außerhalb der von außen hergestellten Dichotomie reagieren.
Ziel ist, im Rahmen eines Dissertationsprojektes, ein praxisrelevantes Erhebungsinstrument zur quantitativen Erfassung von Behinderungsphänomenen zu entwickeln, das Anschluss an verschiedene theoretische Modelle von Behinderung erlauben soll. Der Fokus des Projekts liegt auf Kindern und Jugendlichen im Schulalter. Exemplarisch wird daher auf dem Poster ein Instrument zur Ermittlung ihrer Rollen in den Hauptsozialisationsorten Schule und Familie zur Diskussion gestellt. Die Herleitung der Items erfolgt unter der Annahme, dass die Möglichkeit zur Ausübung von Rollen eine zentrale Bedeutung für die Entstehung und die lebenspraktischen Auswirkungen von Behinderung besitzt. Dieser Ansatz sollte somit ermöglichen, die für Behinderung charakteristische reduzierte soziale Partizipation entlang des empirischen Spektrums zu untersuchen. Inwieweit ist bspw. die traditionelle Rolle als Schülerin/Schüler gegeben, oder wird sie unter der Bedingung einer gewissen Abweichung anders ausgestaltet? Entsprechende Überlegungen können an die Lebenswelt Erwachsener mit den in ihrem Rahmen möglichen Rollen adaptiert werden.